Franz, die Paris und High Heels

Moskau am Morgen Mai 2006. Zeit nach Hause zu fahren?
Ein feuchtfröhlicher Abend in Moskau, ein Franz, der stundenlang vor verschlossener Tür steht, und ein Autor, der zwischen Mojito, Paris Hilton und halterlosen Strümpfen ins Grübeln gerät: In seinem gewohnt charmanten Ton erzählt Chris Helmbrecht von Clubnächten, Fetischen und kleinen Enttäuschungen im Schlafzimmer. Ein Text zwischen Selbstironie und Sehnsucht, zwischen Victory Day und Victoria’s Secret.

Na, das lange Wochenende gut überstanden? Ja, ja, ich auch. Danke. Ich war am Dienstag mit Franz aus Bayreuth auf einer feuchtfröhlichen Runde durch Moskaus Clubs.

Wir hatten Spaß, haben viel zu viel Geld ausgegeben und sind irgendwann um 10 Uhr in der Früh in unsere Betten. Hm, ich bin ins Bett. Alleine übrigens, denn ich war wieder mal viel zu betrunken. Franz stand vor der Tür seines Moskauer Apartments, und der elektronische Türöffner war kaputt. Der Arme stand bis 9 Uhr vor der Tür und wartete darauf, dass endlich jemand aus dem Haus kam und er hinein konnte. Das sind wieder wir Deutschen. Jeder andere hätte längst irgendwo geklingelt, aber wir trauen uns nicht und sind korrekt.

Aber es stimmt schon. Es ist auch ungut, wenn man um 8 Uhr früh nur noch in die Sprechanlage lallen kann. Und das Ganze in Russlands Hauptstadt, nur auf Deutsch, acht Tage vor dem von den Russen so gefeierten Victory Day. Dem Tag, an dem sie die Nazis glorreich besiegten.

„Haaaaallo, hier ist Franz. Hicks. Können Se mal die Tüüüür öffnen? Hicks!“

Ha, das könnte eine Szene aus einem Sturmtruppen-Comic sein. Die Chancen für eine Tracht Prügel stehen bei 50/50, und ich hätte wahrscheinlich auch lieber gewartet, anstatt Klingelputz zu spielen.

Franz wartet auf Einlass.

So, nun ist es offiziell: Paris Hilton hat mit Stavros Schluss gemacht. Seit ihrem Sex-Video bin ich ein heimlicher Fan von Paris. Sie ist so typisch amerikanisch. Naiv, aber trotzdem ein bisschen verrucht. Ich mag das an Frauen. Vielleicht sind’s auch bloß die High Heels, die sie im Video trägt, während ihr Freund mit ihr Sex hat.

Das ist eine Fantasie, die ich schon seit meiner Jugend mit mir herumtrage und die viel zu selten zur Wirklichkeit wird. Ist ja auch doof und unsauber – Schuhe im Bett. Wie komme ich nur auf so was?

Ja, die High Heels, halterlosen Strümpfe und schöne Spitzenunterwäsche begleiten mich in meinen Gedanken, seitdem ich mit 14 den Playboy das erste Mal in der Hand hielt. Die meisten meiner Frauen – ob One-Night-Stand oder Langzeitbeziehung – finden das doof, nuttig, unbequem oder finden einen anderen Grund für modisch bequeme Unterwäsche statt Lingerie. Dann gibt’s auch noch die mit schöner Unterwäsche, aber sie ziehen sich schneller aus, als ich hinsehen kann.

Hey, nackig ist auch nicht schlecht – aber warum nicht mal spielen und Fantasien ausleben? Umso jünger die Frauen, umso öfter gibt’s die bequeme Sportunterwäsche. Nein, das ist kein Fetisch. Ich kann auch sehr gut ohne. Aber es ist halt so eine Idee, die durch meinen Kopf schwirrt.

Sonnenaufgang in Moskau. Zeit, nach Hause zu gehen.

Ich bin kein Einzelfall. Meinen Freunden geht es genauso. Was bleibt, ist die Fantasie. Die Hoffnung, doch noch mal einen Volltreffer zu landen – oder eben der Griff zu einem Magazin oder einer Porno-Site, um dort zu sehen, was man gerne zu Hause hätte. Zu oft kommt die (kleine) Enttäuschung, wenn du eine neue Freundin hast und sie sich das erste Mal für dich auszieht.

Dann trägt sie Calvin Klein oder die sportliche Victoria’s Secret, anstatt dem kleinen Schwarzen. Nicht umsonst ist Porno mittlerweile eine Millionen-Dollar-Industrie. Und so bekommt man als Heranwachsender irgendwie mal eines dieser Magazine in die Hand und ist dann für den Rest seines Lebens gebranntmarkt. Wenn man es so betrachtet, ist es fast schon eine Art Sucht. Genauso wie Alkohol oder Zigaretten – nur nicht ganz so schlimm.

So, jetzt bin ich aber vom Thema abgekommen. Eigentlich wollte ich über Paris Hilton schreiben. Nein, ich kenne sie (leider) nicht, aber ich habe meine eigenen Erfahrungen mit jungen Trust-Fund-Millionärinnen.

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