Svetlana the Swinger
Ein Abend auf einer exklusiven Sex-Party in Moskau – von Neugier getrieben, folge ich der Einladung eines Freundes in eine Welt, die gleichermaßen bizarr und faszinierend ist. Zwischen High Heels, Halsbändern und unerwartet tiefgründigen Gesprächen mit der Gastgeberin Svetlana, einer ebenso leidenschaftlichen wie charmanten Frau, tauche ich ein in ein Spiel aus Lust, Macht und Tabus. Während die Grenzen zwischen Freiheit und Kontrolle verschwimmen, reflektiere ich über Begierde, Fantasien und die außergewöhnlichen Geschichten, die Menschen miteinander verbinden. Und am Ende bleibt die Erkenntnis: Manchmal überrascht das Leben auf die seltsamste Art und Weise.

„Hast du Lust auf etwas Besonderes heute Abend?“, fragt Peter.

„Was hast du geplant?“, frage ich zurück.

„Wir sind heute Abend zu einer Sex-Party eingeladen“, meint er. „Magst mitkommen?“

„Hm, wie läuft das ab? Was sind das für Leute?“

„Ein paar Paare, vielleicht auch ein oder zwei Single-Frauen. Man trifft sich in einem schönen Apartment. Es gibt viel zu essen und zu trinken. Und dann wird eben auch ge…“

„Aha, so ganz öffentlich?“

„Es gibt zwei bis drei Schlafzimmer und ein Bad, aber auch im Wohnzimmer.“

„Und was sind das für Leute? Swinger? Ich habe mir ein paar Swinger-Clubs im Internet angesehen. Das sind doch meistens nur ältere Paare. Nicht unbedingt attraktiv.“

„Nee, nee, hier ist das nicht so. Ich schick dir Fotos“, sagt er.

Eine Minute später öffne ich die Mail und bin überrascht, wie gut die Frauen aussehen.

„Also gut, ich probier das. Wann treffen wir uns?“

Am Abend treffen wir uns in der Innenstadt. Wir gehen in einen Hinterhof. Es ist dunkel, und der Eingang sieht schäbig aus. Peter hat vorher noch Blumen für zwei der Frauen gekauft. „Die mögen das“, meint er. Der Eintritt kostet 200 Dollar pro Person. Das Geld ist nicht für die Frauen, die machen das aus Spaß, sondern für die Organisation, das Essen und die Apartmentmiete.

Paul öffnet die Tür. Er ist der Organisator der Party, und seine Frau spielt die Hauptrolle. Peter hat Paul im Internet kennengelernt. Die beiden haben ein paar E-Mails hin und her geschrieben. „Pauls Frau will unbedingt mal einen Deutschen“, erzählt mir Peter.

Wir legen unsere Mäntel ab, ziehen die Schuhe aus und gehen ins Wohnzimmer. Dort sitzen drei Männer mit Handtüchern um die Hüften. Sie trinken Bier und reden. Aus dem Radio läuft billige russische Popmusik. Paul stellt uns vor, und wir werden von den anderen argwöhnisch beäugt. „So, die Deutschen sind also da.“

Ich versuche locker zu bleiben, setze mich auf die Couch und mache Smalltalk. Im Nachbarzimmer liegen zwei Frauen auf dem Bett und lassen sich in Reizwäsche fotografieren. Beide sind Ende zwanzig und sehen gar nicht so übel aus. Keine Models, aber auch nicht schlecht.

Peter hat mich alleine im Wohnzimmer gelassen und sieht sich in der Wohnung um. Danach schaut er den Frauen zu, wie sie sich fotografieren lassen. Ich bin leicht nervös, denn so etwas habe ich noch nie gemacht. Über die letzten Jahre habe ich viel erlebt, aber Gruppensex hatte ich noch nie. Wie wird das wohl werden, wenn andere zusehen – oder sogar mitmachen? Mein Glas Wein ist nach fünf Minuten leer.

Dann steht plötzlich eine wunderschöne, langbeinige Frau in der Tür. Sie ist um die dreißig, trägt High Heels, Strapse, schwarze Spitzenunterwäsche, lange Satin-Handschuhe. Sie raucht eine Zigarette mit Spitze. Klasse Frau, denke ich.

„Wo sind die Deutschen?“, fragt sie in die Runde. Einer der Typen neben mir zeigt wortlos auf mich.

Sie läuft elegant zu mir herüber, fast wie ein Model auf dem Laufsteg. Langsam genug, um mir Zeit zu geben, sie in ihrer ganzen Schönheit zu betrachten.

„Ich bin Svetlana, Pauls Frau“, sagt sie. „Wie heißt du?“

„Ich bin Chris, der Freund von Peter.“

„Du machst das zum ersten Mal?“, fragt sie. Ich nicke.

„Ich bin Psychologin, weißt du. Ich sehe, dass du nervös bist, aber mach dir keinen Kopf. Das bekommen wir schon hin.“

Sie kniet vor mir und beginnt, mich auszuziehen. Als ich nur noch meine Shorts anhabe, steht sie auf, nimmt mich an der Hand und führt mich in eines der Schlafzimmer. Sie schließt die Tür hinter uns und zieht mich aufs Bett. Wir küssen uns. Sie ist leidenschaftlich, sexy und anschmiegsam zugleich. Mittlerweile fühle ich mich besser.

Wir haben etwa eine Stunde unseren Spaß miteinander. Dann geht die Tür auf, und Paul steht im Raum und schaut zu. Sie flüstert mir zu, dass ich weitermachen soll. „Er mag zusehen.“

Okay, denke ich mir. Soll mich nicht weiter stören. Diese Frau ist einfach zu gut, um jetzt aufzuhören.

Nach zehn Minuten kommt Paul ans Bett und streichelt seine Frau. Ich fühle mich jetzt sehr fehl am Platz. Also gebe ich Svetlana ein kurzes Küsschen und ziehe mich zurück, während die beiden alleine weitermachen.

Im Nachbarzimmer „erzieht“ Peter derweil eines der anderen Mädchen. Er hat viel Erfahrung mit S&M, als Meister. Das Mädchen sitzt vor ihm auf dem Boden und gehorcht seinen Kommandos. Ein anderer Mann schaut zu. Peter ist noch angezogen, während Nadia, das Mädchen vor ihm, nur noch ihre High Heels und ein Halsband mit Leine trägt.

„Und, wie war’s?“, fragt er mich und straft Nadia mit Nichtbeachtung.

„Gut … besser, als ich dachte.“

Nadia will aufstehen, was Peter sofort mit einem scharfen Ton und einem festen Klaps auf den Hintern quittiert.

„Wo willst du hin?“, schnauzt er sie an. „Wir sind noch nicht fertig mit dir.“

„Das ist übrigens Chris. Sir Chris!“, fügt er hinzu. Nadia nickt gehorsam.

Nach etwa 30 Minuten kommt Paul herein und holt mich zurück in den anderen Raum. Svetlana sitzt auf dem Boden, die Augen verbunden. Um sie herum steht eine Gruppe von Männern. Ich bleibe im Türrahmen stehen und beobachte das Spiel. Es ist ein bisschen wie Blinde Kuh.

Peter führt Nadia an der Leine herein. Auch sie hat lange Beine und läuft sehr elegant. Er führt sie zu Svetlana und befiehlt ihr, mit ihr zu spielen.

Später kniet Nadia vor uns auf dem Boden, und Peter gibt ihr einige feste Klapse auf den Po, der nun schon ganz rot ist. Ganz ehrlich, ich verstehe das ganze S&M-Spiel nicht. Es ist nicht unbedingt mein Geschmack. Oft weiß ich nicht, ob ich lachen soll. Ein anderes Mal bin ich einfach nur gelangweilt.

Nadia schreit hin und wieder. Ich bin nicht sicher, ob es die Schmerzen sind, ob es ihr gefällt oder ob es einfach zum Spiel gehört. In meiner Verunsicherung bin ich aber anscheinend nicht der Einzige. Einer der Männer ist fassungslos – ein eher kleiner, schüchterner Typ. Er steht in Shorts und Badelatschen bei uns. Irgendwann geht er zu Nadia und erkundigt sich, ob mit ihr alles okay ist und ob Peter nicht zu hart mit ihr umgeht, während Peter Nadia gerade wieder den Hintern versohlt. Sie schnauzt den Schüchternen an und schickt ihn weg. „Ja, mein Meister?“, sagt sie danach zu Peter und sieht ihn dabei unterwürfig an.

Komische Welt, denke ich und gehe ins Wohnzimmer, denn der S&M-Kram langweilt mich. Es wird Zeit für einen weiteren Drink.

Im Flur zieht sich der Schüchterne an. Das war ihm wohl zu viel. Er geht. Im Wohnzimmer sitzen ein paar Männer und zwei weitere Frauen. Sie mustern mich, während ich mir an der Bar einen Wodka Red Bull mixe.

Paul kommt zu mir, und wir reden ein bisschen. Er ist ein netter Typ, sehr offen, ruhig und mit sanften Augen. Er scheint mich zu mögen.

„Was sind das für Leute?“, frage ich neugierig.

„Ein paar kennen wir. Das sind Bekannte, mit denen wir öfter solche Abende veranstalten. Andere kennen wir aus dem Internet. Meine Frau schreibt dort ein Blog auf einer der russischen Swinger-Seiten. Sie hat einen sehr großen Fanklub mit tausenden Lesern. Manchmal laden wir jemanden zum Mitmachen ein.“

„Wie viele Leute bewerben sich denn für so einen Abend?“

„Für diesen waren es mehr als 520.“

„Was? So viele?“, frage ich erstaunt.

„Ja, sie ist ein Star“, sagt er stolz und grinst.

„Wow. Das ist ja eine Ehre, dass ihr uns eingeladen habt.“

„Sie wollte schon immer einen Deutschen“, sagt Paul. „Das ist ihre Fantasie. Peter war uns sympathisch, und er scheint sich in der Szene auszukennen. Bei dir waren wir uns nicht sicher, aber Peter meinte, er garantiert für dich, und Svetlana dachte, zwei sind besser als einer. Es war gut so, denn sie mag dich. Das kann ich sehen.“

Ich bin sprachlos. Wie kann er so locker darüber reden, dass seine Frau einen anderen Mann mag oder begehrt?

Eines der Mädchen auf der Couch beginnt zu stöhnen. Sie wird gerade von zwei Herren verwöhnt, als Nadia hereinkommt. Sie trägt kein Halsband mehr; anscheinend ist das Spiel zu Ende. Sie kommt zu mir an die Bar, und wir reden ein bisschen. Erst Smalltalk, dann interviewe ich sie, denn die Hintergründe, die Psychologie, interessieren mich sehr.

„Ich bin seit einem Jahr geschieden und alleine“, erzählt sie. „Weißt du, ich mag Sex. Hier ist es ungezwungen. Ich kann meine Fantasien ausleben und bin frei.“

„Hast du Lust?“, fragt sie und sieht mich flirtend an. Sie ist ganz anders als Svetlana – irgendwie softer und gefühlvoller. Von der Couch wird das Stöhnen lauter. Mittlerweile kümmern sich vier Herren um das Mädchen.

Ich schließe die Augen und lasse mich von Nadia verwöhnen. Irgendwann ist mir alles egal. Okay, ist mal wieder Porno live. So etwas bekommt man ja nicht jeden Tag geboten. Jetzt bin ich schon hier, also Gehirn abschalten und dem Lauf der Dinge folgen.

So geht es noch ein paar Stunden hin und her. Svetlana zieht mich wieder alleine ins Schlafzimmer, dieses Mal allerdings, um mich zu massieren. Sie macht das gut, und später erfahre ich, dass das eines ihrer Hobbys ist. Sie knetet mich eine Stunde lang durch, und ich döse manchmal sogar weg. Es scheint ihr Freude zu bereiten, mich zu verwöhnen. Paul kommt hin und wieder herein, um nach dem Rechten zu sehen, verzieht sich dann aber schnell wieder.

Nach der Massage reden wir. Ihre Sicht der Dinge interessiert mich ebenfalls.

„Paul hat mich in diese Sache eingeführt. Früher war ich eher verklemmt.“

„Echt? Das kann ich kaum glauben.“

„Doch, doch“, sagt sie. „Heute macht es mir allerdings Spaß. Ich brauche es – den Sex, die Bewunderung der Leute, die Tatsache, dass ich so begehrt werde.“

„Und Paul?“, frage ich.

„Er findet es gut, eine begehrenswerte Frau zu haben. Außerdem macht es ihn an.“

„Mir ist aufgefallen, dass Paul gar nichts mit anderen Frauen hier macht, sondern nur mit dir.“

„Ja“, sagt sie. „Ich bin fürchterlich eifersüchtig. Er darf das nicht. Es stört mich sogar, wenn er auf Geschäftsreise ist und ich denke, dass er abends im Hotel zu einem Porno masturbiert.“

Ich schüttele nur ungläubig den Kopf.

Um vier Uhr in der Früh mache ich mich schließlich auf den Heimweg.

„Du kannst auch hier schlafen“, bietet mir Svetlana an, aber ich ziehe es vor, zuhause zu schlafen. Peter ist schon viel früher gegangen.

Draußen ist es klirrend kalt. Der Winter hat Moskau fest im Griff. Ich grinse zufrieden und reflektiere den Abend. Irgendwie war das doch alles ziemlich bizarr.

Am nächsten Tag checke ich Svetlanas Blog, um die Bilder zu sehen und sicherzustellen, dass meine Tattoos wie versprochen retuschiert wurden. Ich lese ihren neuesten Artikel.

Sie schreibt:

„Gestern hatte ich das erste Mal in meinem Leben einen Deutschen. Es war gut. Besser, als ich es je erwartet hätte. Es ist schon komisch. Vor 70 Jahren sind die Deutschen in unser Land eingefallen. Sie haben das Dorf meiner Großmutter niedergebrannt und sie vergewaltigt. Trotzdem hatte ich immer die Fantasie, von einem Deutschen genommen zu werden. Dann kam es ganz anders. Es war viel mehr mit Gefühl und Leidenschaft. Ich hoffe, es passiert bald wieder und wir werden Freunde.“

Ich lehne mich zurück und denke nach. Freunde? Nun, das wird die Zeit zeigen.

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