My spanish lady
Am Morgen danach liegen wir nebeneinander, erschöpft von einer Nacht voller Leidenschaft, Musik und Tanz. Es war ein Vergehen, ein verbotenes Abenteuer, das uns für einen kurzen Moment wie Bonnie und Clyde vereint hat – ehrlich und frei von Erwartungen. Sie liegt in meinen Armen, sucht Geborgenheit, während ich mich frage, ob sie die Eine sein könnte. Doch die Gedanken an eine gemeinsame Zukunft verblassen schnell, denn wir beide wissen, es gibt nur das Hier und Jetzt. Jeder Augenblick mit ihr fühlt sich an wie eine gestohlene Sekunde, die ich festhalten will, bevor die Realität uns wieder einholt.

Facebook ist eine wunderbare Sache. Draußen scheint die Sonne, und ich sollte den Tag genießen, doch es ist bitterkalt. Also bleibe ich lieber zuhause. Ich ziehe mir die Bettdecke bis zum Hals und stöbere durch meine weiblichen Facebook-Kontakte. Ich sehe mir ihre Fotos an. Ah, hübsche Beine. Dort ein zu enges Kleid und pralle Brüste. Die eine zeigt sich von ihrer sportlichen Seite, die andere macht auf elegant. Und dann gibt es noch die Flittchen. Doch es sind die Unscheinbaren, die Unauffälligen, die mich immer wieder überraschen und mit denen ich die besonders schönen Geschichten erlebe.

Da ist die kleine Spanierin, die eigentlich ganz anständig aussieht. Sie will Diplomatin werden und kommt sicher aus einer guten Familie. Ich habe sie im Klub getroffen. Sie war mit einem Freund dort. Schon nach drei Minuten war mir klar, dass sie mich will. Sie weiß, dass ich nicht der Mann fürs Leben bin. Ein Kindskopf, der nicht erwachsen werden kann. Ich bin nicht der zukünftige Freund. Nicht der Mann, der sich um sie kümmert und ihre regelmäßigen weiblichen Dramaanfälle erträgt. Nein, es ist klar, dass ich nur ein Abenteuer bin. Wir sehen uns in die Augen und haben sofort eine ganz andere Beziehung. Eine, die viel ehrlicher ist. Eine klare und einfache Beziehung ohne Bullshit.

Nein, sie ist keine Granate im Bett. Das sind die meisten dieser Unscheinbaren nicht. Wahrscheinlich haben sie einfach zu wenig Erfahrung. Denn sie machen das nicht ständig und haben vielleicht gerade mal ihren zweiten oder dritten Freund. Dafür sind sie sanft, einfühlsam und sensibel. Sie sind nicht der schnelle Fick, sondern die paar Stunden der Gemütlichkeit, der Zärtlichkeit und des Schmusens. Es ist das, was man nicht hat, wenn man alleine ist und so vor sich hinlebt. Ich genieße ihre Nähe, ihre sanfte Haut und ihren Geruch. Ich kann nicht anders, als sie zu mir herüberzuziehen. Ich will ihren Körper spüren, sie halten. Ich rieche an ihrem Haar und kann nicht genug bekommen. Oh Mann! Ich liebe Frauen.

Meistens haben sie Freunde. Manche sogar Männer. Was soll man auch erwarten? Die Guten sind immer vergeben. Sie sind gelangweilt, gehen aus und treffen mich. Einen einsamen Wolf. Einen streunenden Löwen. Ein Abenteuer. Es ist von vornherein klar, dass sie ihren Freund nicht verlassen werden. Die Sicherheit der Beziehung, des Zusammenlebens und das Gefühl, den anderen zu kennen – die guten und die schlechten Zeiten. Man hat sich zusammengerauft und lebt den Kompromiss. Sie brauchen diese Sicherheit. Dieses Sichgeborgensein. Dieses Beschütztsein.

Nein, sie wollen keinen schnellen und dreckigen Sex. Sie wollen Gefühl. Zärtlichkeit. Sie suchen das Sinnliche. Sie wollen einen Liebhaber. Einen, der das macht, was ihre Männer noch vor fünf Jahren gemacht haben. Einen, der sie liebt und ihnen genau das zeigt. Einen, der ihnen tief in die Augen schaut, während sie mit ihm schlafen. Einen, der sich um sie kümmert und dem es nicht nur darum geht, dass er Spaß hat und irgendwann kommt, während er vielleicht noch an seine Kollegin denkt – die mit dem kurzen Rock und den Highheels. Sie vermissen dieses Gefühl, diese Aufmerksamkeit. Wo ist sie geblieben, die Leidenschaft? Irgendwann haben die Schmetterlinge beschlossen, davon zu fliegen, und sie haben die Leidenschaft mitgenommen. Sie ist verflogen, verloren gegangen zwischen dem gemeinsamen Morgenkaffee und dem Film vorm Schlafengehen.

Ich glaube nicht, dass sie sich für den Abend fertig macht und denkt, dass sie heute einen Typen abschleppt. Der Freund ist unterwegs. Endlich hat sie mal Zeit, alleine auszugehen. Heute lässt sie es krachen. Morgen wird sie lange im Bett liegen. Später nimmt sie ein Bad und ist faul. Es ist Freitag, und sie steht an einer Bar. Sie redet mit Fremden, und auf einmal steht sie vor einem, der anders schaut. Sein Lächeln ist irgendwie besonders. Dann kommt ihr der Gedanke, dass sie heute ja eigentlich alleine ist. Aber ihre Freunde sind dabei. Was sollen die von ihr denken? Sie ist in einer Beziehung. Sie ist eine der Guten. Kein Luder. Erst noch einen Drink nehmen und den Gedanken verwerfen.

Was dann passiert, verstehe ich bis heute nicht. Ich weiß nur, wie es endet. Man fährt zusammen in einen anderen Klub, tanzt und verliert sich. Langsam wandern die Hände am Körper des anderen, erforschen ihn, während sie Zärtlichkeit geben. Dann ist der Abend zu Ende. Man steigt zusammen in ein Taxi. Oft kommt es gar nicht mehr zur Frage „zu dir oder zu mir“. Sie gibt dem Fahrer gleich bestimmend ihre Adresse, bevor sie sich erschöpft in die Rückbank und auf meine Schulter gleiten lässt. Ich ziehe sie noch näher an mich heran. Sie schaut mir in die Augen, und wir küssen uns. Kurz kommt mir der Gedanke, dass sie einem anderen gehört, aber ich habe keine Lust, jetzt über Moral und Anstand nachzudenken. Ja, ich weiß, es ist egoistisch. Wo ist der Respekt? Das Mann-zu-Mann-Ding? Sorry, ich kann einfach nicht anders. Sie ist so schön, hat so eine süße Stimme und riecht so gut. Ich bin gespannt, wie sie im Bett ist. Heute ist sie meine. Nur für eine Nacht, dann kannst du sie wiederhaben. Irgendwie ist es auch deine Schuld. Du bist nachlässig geworden. Hast sie vernachlässigt. Ich mache jetzt nur deinen Job. Wärst du aufmerksamer und nicht so oberflächlich, dann würde das erst gar nicht passieren. Ja, ja, ich weiß, dass es nach so vielen Jahren Zusammenleben schwer ist.

Am nächsten Tag wachen wir nebeneinander auf. Erst hatten wir eine leidenschaftliche Nacht, dann haben wir noch einen geraucht und geredet. Es ist alles gesagt, die Fronten sind geklärt. Wir wissen beide, wo wir stehen. Es ist befreiend, eine besondere Art der Ehrlichkeit. Wir sind wie Bonnie und Clyde, haben etwas Verbotenes getan, das wir nie vergessen werden. Das schafft eine ganz andere Basis. Wer weiß, ob wir uns jemals wiedersehen. Vielleicht werde ich ihr Liebhaber. Vielleicht gehen wir uns in Zukunft aus dem Weg. Aber wir sind ehrlich zueinander. Wir müssen uns nicht gegenseitig anlügen, nur um eine Beziehung aufrechtzuerhalten. Wir müssen uns nicht um uns kümmern.

Wir müssen nicht, aber wir wollen es. Gerade deswegen, weil diese Verbindung so ehrlich und frei ist. Sie liegt auf meiner Schulter, und ich halte sie ganz fest. Sie mag diese Geborgenheit, in den Armen eines starken Mannes zu liegen. Erschöpft von der letzten Nacht mit Musik, dem Tanzen, dem vielen Alkohol – und dem Sex, den dürfen wir nicht vergessen. Kurz denke ich darüber nach, wie es wäre, wenn wir zusammenkämen. Was, wenn sie ihn verlässt und für immer zu mir käme? Ich fühle sie, ich mag sie. Liebe ich sie? Ich könnte sie lieben. Ich habe dieses Gefühl im Herzen, aber ich unterdrücke es, denn es darf nicht sein.

Doch, wie wäre es, wenn wir beide zusammenkämen? Eine freie Beziehung? Sie könnte frei leben und gerne auch den ein oder anderen Liebhaber nebenher haben, solange sie mir dieselben Freiheiten gibt. Wäre es nicht schön, ehrlich zueinander zu sein? Nicht nur auf dieser Ebene. Sie ist etwas Besonderes, und ich spüre, dass sie das auch von mir denkt.

Vielleicht halte ich gerade meine Frau fürs Leben in den Armen. Vielleicht sollte ich um sie kämpfen, sie ihm wegnehmen und sie dazu bringen, bei mir zu bleiben. Doch ich weiß, dass es gerade so nicht läuft. Am Ende fangen wir uns gegenseitig im Netz der Beziehung. Wir werden es genauso machen wie immer und Probleme miteinander bekommen. Nicht die gleichen wie beim letzten Mal. Andere. Ähnliche. Dann werden wir den Kompromiss finden. Die Leidenschaft haben wir ohnehin schon lange verloren, ohne es zu merken.

Nein, ich muss den Moment genießen. Das Hier und Jetzt. Es voll auskosten. Die Uhr tickt, und irgendwann muss ich nach Hause gehen. Wenn ich Glück habe, am nächsten Tag. Manchmal erst am Sonntagabend oder am Montag. Wenn es schlecht läuft, dann bleibt weniger Zeit.

„Schön war es mit dir“, sagt sie. „Ich habe das vermisst.“

„Ja“, antworte ich. „Ich fühle das genauso.“

Sie will es wieder tun, das ist ganz klar. Egal, welches Risiko es birgt. Ich will nicht wissen, was sie dafür aufs Spiel setzt.

„Na klar machen wir das wieder“, sage ich. „Ruf mich an, wenn du wieder mal Zeit hast.“

Dann drücke ich sie noch einmal ganz fest, gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Dabei halte ich inne und atme noch einmal tief ein. Mein Gott, sie riecht so verdammt gut.

Draußen auf der Straße lasse ich alles noch einmal Revue passieren. Die besten Momente, die Eindrücke. Doch es ist nur ein Film. Trotzdem grinse ich zufrieden, und die Leute, die mir entgegenkommen, müssen denken, ich habe gerade einen Joint geraucht.

Es gab viele solcher Frauen. Manchmal war es mir egal. Manchmal hatte ich ein Problem damit. Immer hatte ich ein ganz besonderes Gefühl für sie. Immer waren es die unerwarteten Abende, die eigentlich langweilig sein sollten und am Ende doch die besten meines Lebens wurden.

Oft wurde es auch gefährlich. Es gab einen Vater, der von unserer Liebschaft wusste und sie nicht billigte. Es gab einen Ehemann, der ein großer Drogendealer in New York war. Oft habe ich mich gefragt, ob ich irgendwann mal tot in einem Fluss lande. Ein Türsteher meinte neulich, dass es ein Wunder ist, dass ich noch keine Kugel in den Kopf bekommen habe. Er muss es wissen. Er kennt die Gäste und die Frauen, mit denen ich nach Hause gehe.

Es ist mitunter gefährlich, aber es ist es wert. Jede Minute, jede Sekunde. Denn das sind für mich die Momente, die das Leben lebenswert machen und die dafür verantwortlich sind, dass ich irgendwann mit einem Grinsen im Gesicht sterbe.

Natürlich gibt es noch andere Momente. Einen Sonnenauf- oder Untergang auf dem Gipfel eines Berges. Eine frische Brise ins Gesicht, direkt am Meer, wenn man das Salz in der Luft schmeckt und die Wärme der Sonne auf der Haut spürt. Es gibt noch viele mehr und gar nicht genug Zeit oder Papier, um sie alle aufzuschreiben.

Doch die Frauen sind mir das Liebste. Sie sind oft so kompliziert, aber ich liebe sie trotzdem.

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