Habe ich schon erwähnt, dass ich ein (nicht mehr ganz so heimlicher) Paris-Hilton-Fan bin? Ich finde die Frau einfach klasse – durchgeknallt, exzentrisch, naiv und dazu noch sexy. Paris Hilton habe ich leider nie kennengelernt, dafür aber eine andere Millionenerbin: Emily. Sie ist die Enkelin der Erfinderin eines bekannten US-Waschmittels und bereits mit 27 Jahren satte 40 Millionen Dollar schwer.
Es war ein paar Jahre her, als in unserem kleinen New Yorker Büro das Telefon klingelte. Emily war dran, mit einer luftblasenartigen Projektanfrage als Vorwand. Wir hatten uns sechs Monate zuvor bei einem Meeting getroffen, und sie hatte gerade meine Visitenkarte wiedergefunden. Ich konnte mich ehrlich gesagt gar nicht mehr an sie erinnern, aber so viel Mut verdient eine Belohnung, also lud ich sie zum Italiener um die Ecke ein.
Emily ist eigentlich Koreanerin. Ihre Eltern hatten sie aus einem koreanischen Waisenhaus adoptiert und nach Virginia geholt. Mit zwei Söhnen wollten sie unbedingt noch ein Mädchen. Emily wuchs in der behüteten Welt des amerikanischen Südens auf, besuchte das gleiche Internat wie die Töchter von George W. Bush und musste sich nie Gedanken um Geld machen. Nach dem Tod ihrer Großmutter erbte sie einen Großteil des Vermögens – sehr zum Ärger ihres Vaters und ihrer Brüder.
Schon in ihrer Jugend war Emily ein wildes Ding. Alkohol, Drogen und ein Leben im Exzess waren ihr wichtiger als gute Schulnoten. Mit 18 gipfelte das Ganze in einer Überdosis Kokain, die sie nach einer wilden Party ins Krankenhaus brachte.
Ihre clevere Waschmittel-Oma hatte die Erbschaft jedoch an Bedingungen geknüpft. Emily hat jetzt einen Trust-Fund: Sie bekommt genug zum Leben, kann aber erst mit 40 Jahren oder nach einer Hochzeit und einem Kind auf die vollen 40 Millionen zugreifen. „Genug zum Leben“ ist dabei offenbar dehnbar – Emily arbeitet nur, um sich nicht zu langweilen, und bevorzugt es, bis in die Morgenstunden auf Partys zu feiern.
Wir sahen uns öfter, und Emily bestand immer darauf zu bezahlen. Als moderner Mann nahm ich das gerne an, vor allem, wenn wir in exklusiver Gesellschaft waren, wo die Drinks ein Vermögen kosten.
Emily war allerdings nicht mein Typ. Sie war hyperaktiv, redete viel zu viel und meistens über oberflächliche Themen wie Klatsch und Tratsch, die mich nicht interessierten. Sie war typisch Amerikanerin, umgab sich nur mit amerikanischen Freunden, während ich meistens mit Expats unterwegs war.
Dann kam unser erstes Mal. Emily war eine Granate im Bett, und ich entschied, die Beziehung noch etwas weiterzuführen – aber immer mit der Ansage, dass wir kein Paar sind. Für Emily hieß das natürlich nur, dass wir „noch“ kein Paar waren. Schließlich, so dachte sie, wie könnte ich einer so hübschen Millionärin widerstehen?
Nach einer dreiwöchigen Europareise holte mich ein Bentley vom Flughafen ab. Ich wurde direkt ins Waldorf Astoria chauffiert, wo Emily in Dessous und mit einer Flasche Champagner auf mich wartete. Dummerweise hatte ich mir in Italien eine Erkältung und Fieber eingefangen. Das störte Emily jedoch nicht. Sie lag neben mir im Bett, fütterte mich mit Hühnersuppe und schaute fern, während ich versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.
Mit der Zeit wurde klar, dass Emily mehr wollte. Sie gestand mir, dass sie einen Mann suchte, und machte mir ein Angebot: Wir könnten heiraten, aber eine offene Beziehung führen, so wie bisher. Sie würde sich finanziell um mich kümmern, und ein Kind hätte sie bitte auch so bald wie möglich. Nicht wegen des Geldes, wie sie betonte, sondern weil sie sich nichts mehr wünschte, als eine eigene Familie zu gründen und eine „Super-Mama“ zu sein.
Wow! Ein unmoralisches Angebot von einer attraktiven Millionärin. Ich dachte lange darüber nach. Emily heiraten oder nicht? Schließlich entschied ich mich dagegen. Ich war überzeugt, dass ich dann in einem goldenen Käfig sitzen würde. Ihre Familie hatte Geld und die besten Anwälte, und ich war mir sicher, dass Emily, die mir bisher aus der Hand fraß, den Spieß umdrehen würde, sobald ich den Ehevertrag unterschrieben hätte. Bei einer Scheidung würde ich am Ende wahrscheinlich noch Unterhalt zahlen.
Abgesehen von all den rationalen Argumenten: Was war mit der Liebe? Ja, ich war dumm. Es war eine einmalige Gelegenheit. Vielleicht. Aber was ist der Preis für persönliche Freiheit? Was nützt einem all das Geld, wenn man danach wie ein Schoßhund von Paris Hilton lebt? Ich entschied mich für die Freiheit.
In schwierigen Zeiten denke ich oft darüber nach, wie es wohl gewesen wäre, hätte ich zugesagt. Würde ich jetzt am Pool meiner Villa in South Beach Miami sitzen und Cocktails schlürfen? Oder würde ich mich wie ein Gefangener fühlen?
Emily und ich haben übrigens immer noch Kontakt, und sie ist nach wie vor Single – aber von mir will sie heute nichts mehr wissen. Es gibt neue Kandidaten.
Eine Anekdote zum Schluss: Nach einer schwülen Sommernacht in New York mit Emily musste ich auf die Toilette. Nackt lief ich ins Bad. Emily begann zu schreien. Erst dachte ich, sie mache einen Witz oder hätte eine Maus gesehen. Doch dann begriff ich, dass sie von meiner Nacktheit schockiert war. Die Frau, die im Dunkeln Dinge tat, die ich vorher nur aus Pornos kannte, konnte bei Licht meinen nackten Hintern nicht ertragen?
Ich beschloss, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen, und machte einen indianischen Regentanz, während ich ins Bad wackelte.
Emily kreischte: „Oh my God!!! Chris!!! Cover yourself!“
Ja, so sind die Amerikaner. Ihre sexuelle Aufklärung kommt aus Pornos, aber sobald das Licht angeht, sind sie prüde wie sonst was. Das ganze Leben – nur eine Illusion. Ein Traum in der Dunkelheit. Hoffentlich macht niemand das Licht an.